Sie kommen in ein fremdes Land mit einer fremden Schrift, Kultur und Sprache zu Menschen, die ihnen fremd sind. Und dabei sind sie noch minderjährig. 205 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) sind derzeit in Vorarlberg untergebracht, berichten VertreterInnen vom Land Vorarlberg, der Bezirkshauptmannschaft, der Caritas und des Institut für Sozialdienste bei einer Pressekonferenz von der aktuellen Lage der jungen Männer im Alter von 14 bis 18 Jahre.

276 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müsste Vorarlberg aufnehmen, um die Quote zu erfüllen. 73 Prozent sind es mit den 205 jungen Männern zwischen 14 und 18 Jahren bereits. Man befinde sich auf einem guten Weg, zeigte sich Landesrätin Katharina Wiesflecker optimistisch - auch, weil derzeit zwei weitere Quartiere mit jeweils 30 Plätzen in Planung sind. Bis zum Herbst soll die Quote dann zur Gänze erfüllt sein.

"Kompetenz-BH"

Seit Anfang Mai 2015 wird die Obsorge von minderjährigen Flüchtlingen, die ohne Eltern in Vorarlberg angekommen sind, von der Bezirkshauptmannschaft wahrgenommen. Seit Anfang 2016 ist die BH Feldkirch auf diesem Gebiet als "Kompetenz-BH" sogar für das ganze Land zuständig. Neben der gesetzlichen Vertretung steuert die eigens dafür eingerichtete Kompetenz-BH der Kinder- und Jugendhilfe in Feldkirch auch den Hilfeprozess. Die Betreuungsarbeit, also die unmittelbare Pflege und Erziehung ist Aufgabe der privaten Einrichtungen wie Caritas, ifs, SOS-Kinderdorf und Vorarlberger Kinderdorf.

Ein großes Anliegen ist den Organisationen auch die Integration der jungen Männer zwischen 14 und 18 Jahren. Dafür benötigen die Jugendlichen laut ifs-Geschäftsführer Stefan Allgäuer z.B. einen geregelten Alltag, der ihre Selbständigkeit fördert. Dieser wird sowohl von Hausarbeiten wie gemeinsamen Einkaufen, Waschen und Kochen als auch von täglichen Sprachkursen geprägt. Zusätzlich erhalten die jungen Männer Orientierungstrainings, in denen ihnen Informationen über Werte, Land und Leute, Zusammenleben sowie Politik und Alltag vermittelt werden. Auch Bildung und berufliche Perspektiven spielen eine große Rolle, spricht sich Caritasdirektor Walter Schmolly für einen Pflichtschulabschluss für alle UMF aus. Denn nur wer sich auch im Arbeitsmarkt bewährt, sei in der Lage für sein Leben selbst aufzukommen - und so könne Integration gelingen.

Integration geschieht....

Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Integration ist das innovative Konzept Deutsch³, das Sprache auf drei Ebenen vemittle, erklärt Allgäuer. Neben dem regulären Unterricht in Gruppen kommt als zweites ein ein E-Learning-Programm zum Einsatz, das indivuelles Lernen ermöglicht. Die dritte Ebene besteht aus Erlebnislernen in Kleingruppen, in dem sich 50 Ehrenamtiche engagieren. Auch im Bereich UMF in der Caritas arbeiten 135 Freiwillige mit. Manche von ihnen sind Mentor/innen und leisten über persönlichen Kontakt Integrationsarbeit. Sie sind wichtige Bezugspersonen und helfen den jungen Männern in einem kulturell und sozial völlig neuem Lebensumfeld. Und sie vermitteln als Wertevermittler die Rollenfindung und sind wichtige emotionale Stütze in schwierigen Phasen.

Die Zukunftsfrage

Sowohl sie als auch die befreundeten Jugendlichen beschäftige aber immer wieder eine Frage: „Darf ich bleiben?“ Wenn sie als subsidiär Schutzberechtigte oder als Konventionsflüchtlinge eingestuft sind, ja, bekräftigt Wiesflecker. Und auch sonst habe man noch keinen unbegleitet minderjährigen Flüchtling zurück geschickt. Klar müsse aber sein, dass man es hier mit Jugendlichen zu tun habe, die viel erlebt und nun u.a. mit Sprachbarrieren, Traumata und dem Gefühl des Verlassenseins zu kämpfen haben.

Bleibt nur noch die Frage nach dem Geld. Der Bund bezahle für die Betreuung von UMF in Wohngruppen 77 Euro pro Tag, im betreuten Wohnen 19 Euro. Das Land stocke auf 95 Euro pro Tag in den Wohngruppen auf, erklärt Wiesflecker. Insgesamt werde von Land und Gemeinden so rund vier Millionen investiert, aber wenn der Bund nicht bald nachziehe, gebe es finanzielle Probleme, warnt Wiesflecker.