"Es macht einen Unterschied, ob man ein Projekt durch Spenden unterstützt oder selbst eines auf die Beine stellt." Mit diesem Satz bringt Jana Berchtold den Mehrwert ihres Engagements bei den JugendbotschafterInnen der Caritas Auslandshilfe beim Pressegespräch auf den Punkt. Und sie weiß, wovon sie spricht. Denn gemeinsam mit zehn anderen Jugendlichen aus Vorarlberg reiste sie für zwei Wochen nach Äthiopien. Gleich drei Projekte wurden dort verwirklicht.

Die Vorbereitungen dafür liefen schon seit langem. Es galt, geeignete Projekte zu finden, sich inhaltlich mit ihnen auseinanderzusetzen und sie pädagogisch aufzuarbeiten, finanzielle und materielle Mittel aufzutreiben, organisatorische und logistische Aufgaben zu bewältigen und vieles mehr. Die Jugendlichen wurden dabei von ExpertInnen der Caritas unterstützt - sowohl in Vorarlberg als auch in Äthiopien. Dort arbeitet die Caritas Vorarlberg bereits seit 15 Jahren mit der Caritas vor Ort zusammen. Es konnten also bestehende Strukturen und Kontakte genützt werden.
Deshalb waren die VorarlbergerInnen nicht die einzigen in der Projektgruppe. Neun Jugendliche aus der Hauptstadt Addis Abeba, die sich ebenfalls in einem Jugendprojekt engagieren, schlossen sich ihnen an. Auch für sie als Großstadtkinder war Meki Neuland, auch sie verstanden die Sprache der Region, Oromia, nicht. Das verband. Allerdings beherrschten sie amharisch - die zweite äthiopische Amtssprache - so konnten sie während der Workshops übersetzen. Wo es keine ÜbersetzerInnen gab, wurde mit Händen und Füßen geredet. Das reichte meist bestens aus.

Mangos, Klos und Stoffbinden

Beim ersten der drei Projekte ging es um Mangobäume. 60 Familien eines nahegelegenen Dorfes wurden dafür im vorfeld schon von einem Dorf-Gremium ausgewählt. Jede Familie erhielten vier Mangobäume, die sie gemeinsam mit den Jugendlichen einpflanzte. Zum Schutz vor Ziegen wurde zudem ein Dornenzaun angebracht. "Der Vorteil von Mangobäumen besteht darin, dass sie sehr robust sind und viele Früchte tragen", erläutert Lea Fellacher, eine der BotschafterInnen. "Somit sind sie eine gute Lebensgrundlage." Für die Familien bedeuten die kleine Bäume deshalb Großes. "Die Freude und Dankbarkeit der Menschen ist etwas, das ich nie vergessen werde", weiß Jana Berchtold.

Das zweite Projekt trägt den witzigen, aber durchaus selbsterklärenden Namen "Jedem Po sein Klo". Via Crowdfunding wurden im Vorfeld 8000.- Euro gesammelt, die die Errichtung von vier Toiletten für eine Schule vor Ort ermöglichten. Als die JugendbotschafterInnen dort ankamen, bestand ihre Aufgabe darin, die Toilettenwände zu gestalten - anhand von ansprechenden Bildern, die Infos zu Hygiene vermittelten. Dieses Wissen wurde den SchülerInnen auch in Workshops weitergegeben. Denn schon Händewaschen kann vor zahlreichen Bakterien schützen.

Das dritte Projekt widmete sich einem etwas intimerem Thema - jenem der Pubertät, der weiblichen Pubertät. Aufgrund fehlender Hygieneartikel bleiben nämlich viele Mädchen während ihrer Menstruation dem Unterricht fern. So luden die JugendbotschafterInnen zum Workshop ein. Trotz der Ferien war das Interesse groß - 45 Mädchen zwischen elf und 16 Jahren nahmen teil. Zuerst wurde ihnen Wissen um die körperlichen Veränderungen während der Pubertät nahegebracht. Das war anfangs gar nicht so leicht, denn das Thema ist tabu und das Nichtwissen groß. Mit der Zeit gewannen die Mädchen aber Vertrauen und die Atmosphäre wurde lockerer. Schließlich hatten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, Stoffbinden zu nähen - von Hand und mit einfachen Stichen. Diese sind waschbar und können immer wieder verwendet werden. Sogar eine Krankeschwester, die in der Region tätig ist, nahm an diesem Workshop teil. Sie erhielt zum Schluss alle Materialien - so kann sie das Wissen mit anschaulichen Mitteln weitergeben.

Prägende Erfahrungen

Für die JugendbotschafterInnen waren die Tage im afrikanischen Land sehr intensiv, die Erfahrungen prägend. "Man lernt zu schätzen, was wir hier haben", erklärt Lea Fellacher. "Und die Jugendlichen dort sind wunderbare Menschen." Überhaupt war der Kontakt, das gemeinsame Arbeiten, das Knüpfen von Freundschaften das Wichtigste für die jungen Leute. "Man lacht über dieselben Dinge oder singt dieselben Lieder", beschreibt Lilli Deutsch das Verbindende bei aller Unterschiedlichkeit. Was sie besonders beeindruckt hat: "Die Menschen in Äthiopien leben mit dem, was sie haben und beschweren sich nicht. Wir leben im kompletten Überfluss und trotzdem beschweren wir uns über so viele Sachen."

Bei ihrer Rückkehr wurden den jungen Leuten auch die kulturellen Unterschiede bewusst: "Bei uns ist alles so leise und geordnet", erzählt Jana Berchtold. "Dort spielt sich viel mehr auf der Straße ab. Es ist nicht so strukturiert, es gibt aber eine Ordnung im Chaos." Auch der Umgang mit Zeit ist anders. "Die Menschen dort sind gemütlicher. Hier sind alle pünktlich, auch gestresst und jeder hat ein Ziel", vergleicht Lilli Deutsch. Was sie als Hürde erlebt haben, ist ihre Hautfarbe. "Du bist die mit der anderen Hautfarbe", erzählt Jana Berchtold. "Du wirst eigentlich immer als reiche Europäerin gesehen."

Der Leiter der Diözese Meki, Bischof Abraham Desta, der ebenfalls beim Pressegespräch teilnahm, sieht im Einsatz der JugendbotschafterInnen Zukunft. Seiner Ansicht nach unterstützt das Schweigen der guten Menschen die Macht der bösen. "The silence is broken" - das Schweigen ist gebrochen - mit dem Engagement der jungen Leute, mit ihrem Interesse für Menschen in anderen Ländern, mit der Gefährtenschaft und Solidarität.