Erst nachdem sich der Wasserspiegel langsam gesenkt hat, wird deutlich, welche Schäden das schlimmste Hochwasser seit 120 Jahren im Balkan angerichtet hat. Kaputte Möbel und Elektrogeräte liegen in Vorgärten, an den Häusern markieren Schmutzlinien den ehemaligen Stand des Hochwassers, mit dem Wasser sind auch viele Existenzgrundlagen weggeschwemmt worden. Für viele steht nun ein Neubeginn an.

Nun, rund ein Monat nach der Hochwasserkatastrophe am Balkan ist das Wasser langsam wieder verschwunden und offenbart ein Bild der Zerstörung.  „Dämme sind gebrochen, von denen man dies nie für möglich gehalten hatte, ganze Häuser wurden weggespült und sogar Gemüsegärten und Hühnerställe komplett vernichtet. Weite Landstriche sind durch Gülle kontaminiert“, zeigt sich Caritas-Direktor Franz Küberl nach einem Lokalaugenschein erschüttert.

Hoffen auf Solidarität
In den am Grenzfluss Save im Dreiländereck Kroatien-Bosnien-Serbien gelegenen Ortschaften sei alles vom Wasser weggeschwemmt worden, beschreibt Küberl die Situation. Die Tausenden, die nun durch die Flut alles verloren haben, seien allesamt zuvor schon Betroffene des Jugoslawien-Krieges gewesen. „Die Menschen fragen sich, ob sie es noch einmal schaffen, in eine bessere Situation zu kommen.“ Gleichzeitig herrsche Angst vor einem neuen Hochwasser. Bischof Franjo Komarica von Banjka Luka (Bosnien) und Erzbischof Duro Hranic von Dakovo-Osijek (Kroatien) baten den österreichischen Gast um Unterstützung: „Wir hoffen auf Solidarität, und dass uns unsere Nachbarn auch in Zukunft nicht vergessen!“

Wasser, Hygienepakete, Putzmaterial, Essen
Die Solidarität vor Ort sei jedenfalls enorm, Küberl spricht „die Nachbarschaftshilfe, die Verwandtenhilfe sowie auch die Unterstützung aus den anderen europäischen Ländern“ an. So seien beispielsweise in Kroatien tausende Helfer der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz. Obwohl über die Landesgrenzen hinweg zusammengearbeitet werde, sei eine „Scheidelinie“ auch im Fortschritt der Hilfsmaßnahmen zu erkennen, sagt Küberl. Die örtliche Caritas leistet bislang vor allem Nothilfe, „mit Wasser, Hygienepaketen, Putzmaterial und mit der Bereitstellung von Essen, das etwa in den Pfarrzentren gekocht wurde“. Mit seinen Caritas-Direktorenkollegen Miljenko Anicic (Banjka Luka) und Ivica Rebic (Dakovo-Osijek) hat Küberl das weitere Vorgehen besprochen.

Es gibt noch viel zu tun
So sollen in der nächsten Phase jene Hilfe erhalten, die ihre Häuser und Wohnung selbst nicht instandsetzen können. Dabei liegt der Fokus besonders auf Familien, „bei denen niemand Verdiener ist, in denen Kranke, Behinderte oder Alte leben.“ Jetzt im Sommer gehe es darum, die Häuser wieder bewohnbar und winterfest zu machen. Wie viel an Lebensmittel-Hilfe im Herbst und Winter bereitgestellt werden müssen, ist allerdings noch unklar. Erfreut zeigte sich Küberl über den Verlauf der Hilfsaktion „Nachbar in Not“. „Der Menschlichkeitsreflex in Österreich ist enorm, und wir haben bereits mehrere hunderttausend Euro an Spendengeldern von Pfarren und Einzelpersonen erhalten. Es gibt jedoch weiter noch eine Menge zu tun“, so der Grazer Caritas-Direktor.

Mehr als eine Milliarde Euro
Alleine in Serbien sind mehr als 1,6 Millionen Menschen betroffen, mehr als 50 starben beim schlimmsten Hochwasser seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Gesamtschaden wird auf mehr als eine Milliarde Euro beziffert, berichtete Darko Tot, Katastrophenhilfe-Koordinator der Caritas Serbien. Genaue Zahlen könne man aber noch nicht liefern, da viele der Ortschaften erst seit kurzem wieder zugänglich sind. "Im Moment versuchen wir, die Schäden in den einzelnen Haushalten in unseren Schwerpunktgebieten rund um Sabac, Valjevo, Obrenovac, Krupanj und Ub zu dokumentieren. Erst dann kann man genau planen, wie man die Betroffenen in der Phase des Wiederaufbaus unterstützt." (red/religion.orf.at)