„Die geplanten Maßnahmen wirken dem Integrationsprozess entgegen“, so Caritasdirektor Walter Schmolly zum Ergebnis des Asylgipfels. Seine Überzeugung: „Es ist mehr möglich!“

„Österreich ist ein Wohlstandsland. Nun beschließen die Bundesregierung und die Landeshauptleute bei ihrem Asylgipfel, ab 2016 nur mehr eine begrenzte Zahl an Flüchtlingen jährlich aufnehmen zu wollen. Und diese Zahl soll etwa bei einem Drittel von jener des Vorjahres liegen.“ Für Caritasdirektor Walter Schmolly ist das schwer nachvollziehbar: „Ist das mit Blick auf die Kriege, die Not und das Elend in den Ländern, aus denen die Menschen aufbrechen und bei uns Zuflucht suchen, eine Antwort, die unserem Land entspricht? Österreich ist durch Mut und Großzügigkeit stark geworden.“
Die Politik scheine sich derzeit überwiegend an den Unsicherheiten und Sorgen von Teilen der Bevölkerung zu orientieren. „Als Caritas sind wir mit diesen Sorgen Tag für Tag in Kontakt, wir kennen sie und wir teilen manche auch. Wir suchen auch immer wieder das Gespräch auf Augenhöhe und sind bemüht, zu Lösungen - etwa am Arbeitsmarkt, am Wohnungsmarkt etc. -  beizutragen, die nicht auf Kosten derer gehen, die es ohnehin schon schwerer haben.“ Die Sorgen und Ängste dürfen aus seiner Sicht nicht zur einzigen Orientierung des politischen Handelns werden. „Als Caritas sehen wir erstens vor allem auch die Menschen, die in ihrer Not bei uns anklopfen. Ihnen wollen wir helfen – so wie auch allen ÖsterreicherInnen, die unsere Unterstützung brauchen. Das tun wir gerne, und wir werden auch dem 37.501. Asylwerber, der 2016 nach Österreich kommt, helfen.“ Zweitens sehe die Caritas auch die vielen Menschen, die trotz mancher verständlicher Sorgen bereit sind mitzuhelfen und das eine oder andere mit den Flüchtlingen zu teilen. „Schade, dass die Politik das Bündnis mit ihnen derzeit nicht so sehr sucht.“
Und weiter: „Dass die Herausforderung groß ist, wissen wir als Caritas sehr genau. Aber wir wissen auch, dass mit einem einfühlenden Blick auf die Not der Menschen sehr viel möglich ist, mehr als der Asylgipfel ins Auge fasst.“


Integration mit angezogener Handbremse?

Das geplante Maßnahmenbündel Asyl auf Zeit, verlangsamter Familiennachzug, reduzierte Mindestsicherung etc. seien schwer mit dem ebenfalls geäußerten Bekenntnis zur Integration zusammenzubringen. „Denn all diese Maßnahmen wirken dem Integrationsprozess entgegen – noch ganz davon abgesehen, dass sie teils moralisch und rechtlich fragwürdig sind und einen großen Verwaltungsaufwand produzieren.“ In die Integration der bleibeberechtigen Menschen müsse man investieren, sonst bleibe sie dem Zufall überlassen. „Der Asylgipfel fordert unter anderem auch Deutschkurse bereits begleitend zum Asylverfahren – das ist der richtige Ansatz. Diese Investitionen werden sich schlussendlich rechnen, wirtschaftlich ebenso wie menschlich und gesellschaftlich. Eine Gesellschaft, die auf ihren Integrationswegen immer neu die Handbremse zieht, wird nicht ans Ziel kommen. Integration braucht ein entsprechendes Klima, das durch kontinuierliche Drohungen und Misstrauensbekundungen und das Gegeneinander-Ausspielen von Gruppen irgendwann vergiftet ist“, betont der Caritasdirektor. „Es gibt allen Grund, den Flüchtlingen vertrauensvoll zu begegnen. Das wissen wir aus unserer tagtäglichen Arbeit.“

Die Ursachen der Flucht angehen

„Die Flüchtlingszahlen bei uns werden nur reduziert werden können, wenn zuallererst die Ursachen der Flucht angegangen werden“, ist Walter Schmolly überzeugt. „Die längst überfälligen Investitionen in die Flüchtlingslager rund um die Krisenherde wären eine dringliche und überaus sinnvolle Maßnahme. Da würde es helfen, eine `Untergrenze´ zu definieren, was Österreich beitragen will.“