Hoch her geht es derzeit wieder bezüglich der Frage, wo Asylwerber in Österreich untergebracht werden sollen. So kritisiert die Caritas das Innenministerium für die Ankündigung Speisesäle und Turnhallen zu Notschlafstätten für Flüchtlinge umfunktionieren zu wollen, statt sie in Traiskirchen unterzubringen. Innenministerin Mikl-Leitner fragte sich stattdessen, warum die Caritas nun doch kein Problem mehr damit hat, 1.000 Flüchtlingen in Traiskirchen unterzubringe.

Scharfe Kritik an einem "herbeiverwalteten Notstand" bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Österreich hat der Generalsekretär der Caritas Wien, Klaus Schwertner, geübt. Er äußerte  Unverständnis über den vom niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verfügten Aufnahmestopp im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (NÖ.). Die stattdessen angedachte Flüchtlingsunterbringung in zu Notschlafstätten umfunktionierten Speisesälen und Turnhallen oder gar in Zeltlagern sei eine weitaus schlechtere Lösung als die Ausweitung der "politisch willkürlichen" Kapazitätsgrenze von 480 Plätzen in Traiskirchen, bis neue Quartiere geschaffen seien, so Schwertner.

Schuldzuweisungen
Dem hielt Innenministerin Mikl-Leitner entgegen, warum gerade die Caritas, die die Unterbringung von 1.000 Flüchtlingen in Traiskirchen früher noch als menschenunwürdig bezeichnet habe, damit nun kein Problem mehr habe. Der niederösterreichische VP-Sicherheitssprecher Gerhard Karner meinte: "Die Caritas soll sich lieber für die Lösung des Problems, nämlich die gerechte Aufteilung unter den Bundesländern, einsetzen, statt menschenverachtende Forderungen zu einer weiteren Aufstockung von Traiskirchen aufzustellen.

Caritas auf der Suche
Die Caritas befinde sich derzeit in Verhandlungen mit kirchlichen Einrichtungen im niederösterreichischen Gebiet der Erzdiözese Wien über zusätzliche Plätze für Asylwerber. Schon jetzt versorge die Caritas Wien über ihre mobile Flüchtlingsbetreuung 1.466 Asylwerber, in ganz Österreich sind dies laut dem Generalsekretär 5.000 Personen.

Brauchen mehr als Dach über dem Kopf
Zu Forderungen, kirchliche Einrichtungen wie Pfarren oder Ordensgemeinschaften mögen doch leerstehende Räumlichkeiten für Flüchtlinge zur Verfügung stellen, gab Schwertner zu bedenken, dass deren Betreuung mehr erfordere als ein Dach über dem Kopf. Viele seien aus hierzulande kaum vorstellbaren Gewalterfahrungen und unter schwierigsten Umständen nach Österreich gelangt, Traumatisierte bräuchten auch eine qualifizierte Betreuung, wies Schwertner hin. Im Ordenshaus St. Gabriel bei Mödling führe die Caritas in Zusammenarbeit mit den Steyler Missionaren ein Flüchtlingshaus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und für solche mit erhöhtem Betreuungsbedarf. Generell gebe es eine gute Kooperation mit den Orden bei der Flüchtlingsarbeit.

Fakten sprechen gegen "Notstand"
Der Caritas-Vertreter wandte sich erneut gegen den behaupteten aktuellen "Notstand" bei der Flüchtlingsunterbringung. Faktum sei, dass im ersten Halbjahr 2014 die Zahl der Asylwerber in Österreich um lediglich 1,9 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2013 gestiegen sei; nimmt man den Juli dazu, betrage die Steigerung fünf Prozent - eine laut Schwertner bei entsprechendem politische Willen durchaus verkraftbare Steigerung.

Quote erfüllen
Der Generalsekretär nahm die Bundesländer in die Pflicht, die 15a-Vereinbarung mit dem Bund über die Flüchtlingsaufnahme zu erfüllen. Das gelte besonders auch für Niederösterreich, das "Schlusslicht in Österreich" wäre, sollte Traiskirchen tatsächlich nicht mehr als 480 Betroffene beherbergen. "Herbeiverwaltet" sei der momentane Notstand auch deswegen, weil es Anfang 2014 große Probleme bei der Erledigung von Asylanträgen durch die zuständigen Behörden gegeben habe; Schwertner sprach davon, dass diese "wochenlang nicht bearbeitet worden" seien.

Gefahr in Verzug?
Kritik übte er auch daran, dass der Betreuungsstopp in Traiskirchen durch einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft über den Umweg des Gewerberechts erfolgt sei. Das Sicherheitskonzept der im Flüchtlingslager Traiskirchen tätigen Asylwerber-Betreuungsfirma sei unzureichend, daher in den von der Firma genutzten Häusern Gefahr in Verzug: So hatte die Bezirkshauptmannschaft Baden Anfang August argumentiert. Der Caritas-Generalsekretär stellte auch die Frage, ob im Lager Traiskirchen wirklich Gefahr besteht, wenn ausgerechnet Jugendliche nach wie vor aufgenommen werden: "Es ist aus Sicht der Caritas nicht nachvollziehbar, wieso dieser vermutlich politisch motivierte Bescheid Gefahr in Verzug sieht, aber nicht für jugendliche, sondern nur für erwachsene Asylwerber."

"Eskalation und Panikmache"

Das Innenministerium hatte am Dienstag angekündigt, Speisesäle und Turnhallen zu Notschlafstätten für Flüchtlinge umfunktionieren zu wollen. Konkret genannt wurden der Speisesaal im Erstaufnahmezentrum Thalham und der Turnsaal der Landespolizeidirektion Salzburg. Schwertner nannte diese Überlegungen "Eskalation, Panikmache und politisches Sommertheater". Großlager seien zwar kein guter Platz, aber: "Bevor traumatisierte Menschen auf Feldbetten in Turnsälen untergebracht und betreut werden, ist es sicher besser, die 700 leeren Betten in Traiskirchen zu nutzen. Hier gibt es ja auch einen bestehenden Betreuungsvertrag für bis zu 1.800 schutzsuchende Menschen." (kathpress)