Was tun, wenn am Ende vom Geld noch so viel Monat übrig bleibt? Für mehr als eine halbe Million ÖsterreicherInnen stellt sich dann die Frage: Verwende ich mein letztes Geld für Essen oder Wärme? Armut, die vielen gar nicht bewusst und meist auch nicht sichtbar ist. Dabei können es sich 11.000 Menschen in Vorarlberg gar nicht (mehr) leisten, ihre Wohnung ausreichend zu heizen. Die Inlandshilfesammlung der Caritas will diesen Menschen "Wärme schenken" - reale und soziale.

"Arm sind Menschen, die es selbständig nicht oder kaum schaffen, für sich und die auf sie Angewiesenen einen überwiegend von Sicherheit, Sättigung, Wärme und Gesundheit geprägten Alltag zu organisieren", versucht Michael Natter, Fachbereichsleiter Soziale Beratung und Begleitung der Caritas Vorarlberg, eine Definition von Armut. Rund 11.000 Menschen sind laut EU-SILC-Studie davon betroffen und damit nicht in der Lage, ihre Wohnung ausreichend zu beheizen.

Akute Armut ist oft unsichtbar
Akute Armut, wie sie etwa eine halbe Million Menschen in Österreich betrifft, sei oftmals unsichtbar, erklärt Caritas-Präsident Franz Küberl zum Start der Inlandshilfe-Kampagne "Wärme schenken". Die Kampagne sei "ein Versuch, diese Armut sichtbar zu machen". Er bat um Solidarität mit jenen, denen das Geld für Lebensmittel oder die Miete fehle oder dafür, ihre Wohnung in der kalten Jahreszeit warm zu halten. Mit 30 Euro könne einer notleidenden Familie in Österreich zwei Wochen lang eine warme Wohnung gesichert werden, so der Appell Küberls.

Kein Feigenblatt
Das auf dem christlichen Menschenbild der gleichen Würde aller Menschen fußende Engagement der Caritas sei "kein Ersatz und vor allem auch kein Feigenblatt für Defizite im Sozialstaat", betonte Küberl. Er richtete konkrete Forderungen an die Politik im Blick auf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung und die sogenannte "Energiearmut". Trotz unleugbarer Verbesserungen gebe es bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung noch "dringenden Anpassungsbedarf": Küberl forderte mehr maßgeschneiderte Geschäftigungsangebote für Langzeitarbeitslose und einen Rechtsanspruch für Sonderbedarf nach unvorhergesehenen Ausgaben: "Eine erneuerungsbedürftige Therme darf nicht von der Gnade einer Behörde abhängen."

Im Blick auf Armut durch Energiemangel fordert die Caritas die Einführung einer Abschaltprävention analog zur Delogierungsprävention, kostenlose Vor-Ort-Energieberatung für Privathaushalte in allen Bundesländern und die Einrichtung eines auch ökologisch sinnvollen Energiesparfonds, mit Hilfe dessen ineffiziente Stromheizungen ausgetauscht oder Gebäude saniert werden könnten.

Bis alle gleich arm und Empfänger von Almosen sind
Auch die jüngste Aussagen von Vizekanzler Michael Spindelegger stoßen auf Unverständnis: Man könne nicht immer nur umverteilen, "bis alle gleich arm und nur mehr Empfänger von Almosen sind. Dadurch verkommt die Gesellschaft!", so der ÖVP-Chef in seiner Rede zum Nationalfeiertag. Dazu Landau: "Es gilt die Armut zu bekämpfen und nicht die Armen." Neiddebatten seien weder am oberen noch am unteren Ende der Gesellschaft wünschenswert. Landau wörtlich: "Die aktuelle Krise ist nicht von Mindestpensionisten verursacht worden, nicht von pflegebedürftigen oder behinderten Menschen und auch nicht von Mindestsicherungsbeziehern, sondern von der Gier Einzelner, von strukturellen Problemen und von schlechter Politik."

Zahlen, Daten, Fakten
Im letzten Jahr unterstützte die Caritas 62.000 Menschen in ihren Sozialberatungsstellen; 3,5 Millionen Euro Spendengelder wurden an Soforthilfe ausbezahlt. Die Zahl der hilfesuchenden Menschen sei 2011 um 20 Prozent gestiegen, erklärt Küberl. In der Caritas-Arbeit gehe es aber nicht nur darum, Notleidenden materiell zu helfen, sondern auch auf persönlicher Ebene. "Ein ausführliches Gespräch in der Caritas-Sozialberatung, ein Platz in einer Obdachloseneinrichtung, ein Zuschuss zu den Heizkosten, eine kräftigende Suppe: Diese Zeichen der Mitmenschlichkeit machen für Menschen, die in Österreich in Armut leben müssen, den Unterschied zwischen Verzweiflung und Hoffnung", so Küberl wörtlich.

Er bat auch die Österreicherinnen und Österreicher um einen persönlichen Solidaritäts-Beitrag in Form von finanzieller Unterstützung, Aufmerksamkeit und Zuwendung: "Die Solidarität lebt davon, dass jede und jeder von uns die Armut wahrnimmt und handelt."