Über drei Jahrzehnte hindurch war Pfr. Eugen Giselbrecht als Vertreter des Bischofs im Kuratorium von „Bruder und Schwester in Not“ (BSiN). Im Rahmen der letzten Kuratoriumssitzung hat er sein Amt niedergelegt. Dem KirchenBlatt erzählt er vom Blick über den Tellerrand und den Spuren, die Vorarlberger/innen auf der ganzen Welt hinterlassen.

Interview: Patricia Begle

Sie waren im Kuratorium von BSiN Vertreter des Bischofs. Was bedeutete diese Rolle für Sie?
Eugen Giselbrecht: Für mich ist „Bruder und Schwester in Not“ (BSiN) mit mächtigen Bäumen zu vergleichen, die in allen Diözesen Österreichs auf verschiedene Art wachsen. In den 1950er-Jahren wurden diese Bäume von den österreichischen Bischöfen, federführend durch die Initiative von Bischof Dr. Paulus Rusch, gepflanzt. Wir gehörten damals zur „Apostolischen Administratur Innsbruck - Feldkirch“. Bischof Paulus hat uns Seminaristen schon damals, vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, den Blick für die weite Welt geöffnet. In diesem Geist wurde ich 1957 zum Priester geweiht, nahm diesen Blick mit in mein weiteres Leben und Wirken und war deshalb immer mit dieser Aktion verbunden.

Sie reisten auch zu den Projekten. Was können Sie davon erzählen?
Giselbrecht: Als ein Bischof Ecuadors um seelsorgliche Unterstürzung bat, folgten P. Richard Flatz aus Egg, Sr. Marianne Huber aus Dornbirn und Entwicklungshelferin Gertrud Lipburger aus Lingenau dieser Einladung. Direktor Josef Eisterer unterstützte und begleitete mit BSiN tatkräftig diesen Einsatz. Seit 1990 war ich ebenfalls öfters bei ihnen auf Besuch und konnte miterleben, wie ihre Arbeit sich entfaltete und in vielseitiger Weise fruchtbar wurde. Neben diesem Einsatz waren andere Ordensschwestern und -brüder, Entwicklungshelfer/innen und Priester an verschiedenen Orten tätig, z. B. Bischof Kräutler in Brasilien, Gaißauer Missionsschwestern vielerorts in Südamerika, Schwestern vom Werk der Frohbotschaft in Bolivien, P. Georg Nigsch in Ecuador und viele andere in Afrika und anderswo. So sind weltweit Spuren wirksamer Aufbauarbeit zu finden dank gelebter Solidarität vieler Christ/innen und aller Pfarreien in Zusammenarbeit mit dem Land Vorarlberg.

Was hat sich in den drei Jahrzehnten in der Entwicklungsarbeit verändert?
Giselbrecht: In den vergangenen Jahren hat sich der Schwerpunkt von BSiN von Südamerika auf unseren Nachbarkontinent Afrika verlagert - mit gutem Grund. Wenn ganz Europa diese Herausforderung in gleicher Weise schon längst erkannt hätte, würde uns vermutlich die gegenwärtige Flüchtlingsproblematik nicht so dramatisch bedrängen.

Gibt es Kooperationen von „Bruder und Schwester in Not“ mit anderen Hilfswerken?
Giselbrecht: Seit vielen Jahren gibt es in Vorarlberg eine enge Zusammenarbeit von der „Auslands-Caritas-Hilfe“, dem „Päpstlichen Missionswerk“, dem „Aussätzigenhilfswerk“ und „Bruder und Schwester in Not“ in Partnerschaft mit dem Land Vorarlberg. „Gemeinsam sind wir stark“ konnte so auch hier erlebt werden. BSiN bemühte sich wie andere auch um eine solide Infrastruktur in Bildung, medizinischer Versorgung und jeglicher Art von materieller Aufbauarbeit, damit „Hilfe zur Selbsthilfe“ werden kann.

Was wünschen Sie Ihren Nachfolgern?
Giselbrecht: Meinen Nachfolgern, den Mitgliedern der Entwicklungshilfekommission und allen Mitchristen wünsche ich von Herzen einen weiten Horizont, ein mitfühlendes Herz für die nicht kleiner werdenden Nöte in der Welt von heute und morgen sowie viel Geduld und kreative Initiativen, um so viel als möglich Not lindern zu können, weil der HERR uns gerade in den Menschen am Rand am nächsten ist.
Vielen Dank für das Gespräch.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 14 vom 6. April)