Bischof Elmar Fischer, viele Jahre in der Eheberatung tätig, beschreibt in diesem Artikel - von der Verliebtheit ausgehend - den Weg zu einer dauerhaften Beziehung.

Die meisten Beziehungen durchleben den ersten Schritt dazu, die Verliebtheit. In dieser Phase sind Mann und Frau füreinander – ganz ohne Frage - „der ideale Partner“: umwerfend, attraktiv. Verliebheit ist für beginnende Beziehung bedeutsam, ist jedoch (noch) nicht tragende Liebe. Deshalb spricht man auch von „Flitterwochen“. Sie ist ein „Trick“ der Natur, Mann und Frau füreinander zu interessieren, sich gegenseitig im personalen Bereich zu öffnen.

In einer länger andauernden Beziehung zeigen sich Stärken und Schwächen des Freundes, der Freundin, die eigenen sind meistens weniger bewusst, wenn überhaupt! Man kann diese Zeit als „Flatterwochen“ bezeichnen.

Meist ergibt sich dann auch eine Situation, eine Phase der Ernüchterung, eine enttäuschende Erfahrung, in der die Frage kommt: soll ich mit ihm, mit ihr eine lebenslange Bindung eingehen – oder bis auf „weiteres“. Es ist die Situation von „Bodenlandung“ bei der man mehr oder weniger hart aufsetzt. Es zeigt sich da die Beziehung von der schwierigen Seite. Aus diesem Grund beispielsweise habe ich an anderer Stelle „20 Gründe, (noch) nicht zu heiraten“, formuliert.

Tragnetz

Ob und wie die Beziehung sich weiter in der Langzeit gestaltet, hängt stark von der Qualität der Humanbefähigungen ab. Sie sind im „psychischen Tragnetz“ dargestellt. Jeder trägt in sich diese seelischen Grundbedürfnisse, je nach Kindheits- und Jugenderfahrungen unterschiedlich zu Befähigungen ausgebildet, unterschiedlich stark – oder schwach. Soll die Beziehung auf Dauer bestehen, muss das „Tragnetz“ auch bei stärkerer Belastung standhalten.

Diese Qualität ist im vorhinein zu einer endgültigen Bindung – im gegenseitigen Kontakt, im Durcharbeiten der Lebensgeschichte des Partners und der eigenen zu überprüfen.

Es ist zu eruieren, ob die Teilbefähigungen eine Mindestbelastbarkeit, eine Mindestkultivierung erfahren haben. Wenn eine der Befähigungen – oder eines der Bedürfnisse zu stark oder zu schwach wird, dann entwickelt sich dort Spannung, Konflikt. Das Netz kann reißen.

Liebe

Liebe ist dann möglich, wenn innere Freiheit in Selbstbeherrschung und – wo nötig Selbstüberwindungsfähigkeit – gewährleistet ist, – wenn ich meine Gefühle und Wünsche steuern kann.
Erst dann, wenn ich bereit bin, für den Partner meine im Tragnetz genannten Befähigungen auch dann einzusetzen, wenn er nicht mehr fasziniert, dann beginnt die eigentliche Liebe.
Wenn dies auch vom Partner geschieht, dann ist die Liebe nüchtern, realistisch, echt. Die Bereitschaft, diese Teilbefähigungen der Liebe täglich, je nach Situation einzusetzen, hält Liebe und Beziehung frisch. Dann stellt sich das "gute Gefühl" ein.

Die gegenseitige Erfahrung, dass Enttäuschungen besprochen und bearbeitet werden können, gibt der Beziehung Sicherheit, Verlässlichkeit. Dann hat eine Bindung auf Dauer, Ehe ein Fundament.

Beziehungspflege

Beziehung erfordert auch in der Langzeit Pflege, d. h. Lernbereitschaft im persönlichen Verhalten, Veränderungs-, Wandlungsbereitschaft, soll sie lebendig bleiben.

Lebendiges religiös-christlich orientiertes Leben, besonders durch Beichte (Lebenskatalyse) und Vollzug der Eucharistie sind wichtige Impulse zu lebendiger Beziehung in der Ehe und mit Kindern. Unser größtes Gebot ist die dreidimensionale Liebe zu Gott, zum Nächsten, zu sich selbst, wie Christus sie vorgelebt hat (Mk 12, 28-34, Jo 15, 12 ff.). Diese Befähigung ist Begabung. Sie muss geübt werden, damit sie im Alltag wirkt!

Sakramente

Durch Taufe und Firmung, wenn die beiden Sakramente in uns lebendig sind, wird der Wille zum Guten in uns gestärkt. Taufe: Gott mag dich. Er will aus deinem Leben "etwas Gutes" machen. Firmung: Er schenkt dir von seinem Geist, wenn du suchst, anklpfst, bittest (Lk 11, 9-13). Wir wissen, dass Gott uns zu einem sinn- und wertvollen Leben aus dem Geist Jesu führen will.

Die Feier, der innere Vollzug der Eucharistie, der Heiligen Messe, will immer neu tiefere Gemeinschaft mit Jesus aus den Ideen aufbauen, die in Lesungen und Evangelium enthalten sind. Seine Botschaft will für uns und die Menschen um uns ein Segen sein.

Das Sakrament der Beichte bringt uns Selbstprüfung, Einsicht in unsere Fehler und Schwächen und die Initiative, sie zu überwinden. Sie soll immer wieder die "Auferstehung" des Menschen guten Willens in uns fördern.

In dieser Weise sollen wir uns selbstverwirklichen, unsere Begabungen entfalten, kultivieren, zu liebes- und beziehungsfähigen Persönlichkeiten werden, die eine Ehe, eine Familie aus gläubiger und menschlicher Reife tragfähig und erfreulich zu gestalten vermögen.