Ostergedanken von Bischof Benno Elbs

Wie viele von Leid gezeichnete Gesichter zeigen die Kreuzwege 2015? Flüchtlingselend, IS-Terror, Kriege in Syrien, Irak, Jemen, Boko Haram-Massaker in Nigeria, Auseinandersetzungen in der Ukraine…
150 Tote beim Flugzeugabsturz in den französischen Alpen. Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Hunger oder dessen unmittelbaren Folgen. Hunger und Seuchen, Klimaerwärmung und Umweltkatastrophen …
Und wie viel an persönlichen Leidenserfahrungen kennen wir, verursacht durch Krankheit, Unfälle, Tod, durch Beziehungen, die zerbrechen. Das Leben ist wie eine schier unendliche Folge von Schmerz und Verwundungen, so könnte man meinen.

Wenn wir auf diese Kreuzwege des Lebens blicken, dann haben wir zwei Möglichkeiten. Die eine ist geprägt von Resignation, Traurigkeit und Verzweiflung. Die andere glaubt daran, dass sich das Gute durchsetzt. Denn, wenn es uns gelingt, das Bild des Auferstandenen ins Herz zu lassen, das sagt, dass das Leben siegt, dann wird „österliches Handeln“ sichtbar. Dann beginnt man, Schweres mit „Oster-Augen“ zu sehen.

Wie kann das gehen?
Der Philosoph Heinrich Spaemann sagt: „Was wir im Auge haben, das prägt uns. Dahinein werden wir verwandelt und wir kommen, wohin wir schauen.“ Die Bilder in unseren Herzen prägen die Lichtverhältnisse unserer Seele. Wenn wir auf das Dunkle schauen, verdunkelt sich unser Blick. Helle Bilder machen licht. Wenn wir auf das Bild des Auferstandenen schauen, dann füllt sich unser Herz mit Lebenshoffnung.

Beispiele?
In Lauterach setzen sich Schüler und Erwachsene für Asylwerber ein, deren Abschiebung droht. Ganz ähnlich in Alberschwende, wo Integration und Solidarität gelebt werden. Oder ein Blick hinaus in die Welt: überall gibt es Menschen wie Ruth Pfau in Pakistan, Bischof Erwin Kräutler in Brasilien und ungezählte Männer und Frauen, die sich unerschrocken und vorbehaltlos für ihre Mitmenschen einsetzen, für die die Ärmsten und Bedürftigsten, für Kranke und Leidende. Oder auch Menschen, die durch eine stille Spende, durch ein Gebet diese Arbeit unterstützen. Eltern, Lehrer und Erzieher, die ohne Aufhebens und ohne großen Dank für die Kinder da sind. Ich glaube daran: in Taten wie diesen wird Auferstehung sichtbar. Ich glaube daran, dass das Leben siegt.

So wie Shalom Ben-Chorin, er war 1935 nach wiederholten Verhaftungen und Misshandlungen vor dem NS-Terror geflüchtet und hatte die Verfolgung seiner Freunde und seines Volkes vor Augen, als er im Jahre 1942 in Jerusalem sein Gedicht „Das Zeichen“ schrieb:

Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt,
ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?

Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit,
achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht.

Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt,
das bleibt mir ein Fingerzeig für des Lebens Sieg.

Ich wünsche uns, dass wir mit Oster-Augen auf das Dunkle unserer Welt und unseres Lebens schauen können. Dann werden wir dem Leben dienen. Freude wird zur Grundmelodie unseres Lebens. Herzlich frohe Ostern!

Bischof Benno Elbs