Kommentar von Bischof Benno Elbs zu Weihnachten 2015

Bei einer Diskussion mit Jugendlichen letzte Woche wurde mir die Frage gestellt: Kann man heute überhaupt noch Weihnachten feiern? Anschläge in Paris. Terroralarm in Belgien. Krieg in Syrien. Hungersnöte. Die Umwelt am Ende. Die Menschheit auf der Flucht. Herbergssuchen mitten unter uns – so lauten die Schlagzeilen in diesen Tagen. „Good News“ – frohe Botschaften sind rar geworden. Da sind Elend, Armut und Angst. Da sind Kälte und Misstrauen, nicht nur in den Ländern dort, sondern auch hier bei uns. Dürfen wir Weihnachten feiern angesichts so vieler Not, die uns umgibt?

Ja, es gibt zwei gute Gründe, Weihnachten doch zu feiern: Der erste führt uns direkt nach Bethlehem, hinaus auf die Felder. Die Hirten sind draußen bei ihren Schafen. Sie sind einfache Leute, das, was man heute wohl „Menschen am absoluten Rande der Gesellschaft“ nennen würde. Was aber widerfährt gerade ihnen? Der Himmel öffnet sich und der Engel überbringt ihnen die Botschaft vom Kind in der Krippe.

„Fürchtet euch nicht“, lauten die Worte des Engels. Fürchtet euch nicht, das ist für mich immer wieder eine der zentralen Botschaften der Weihnacht. Fürchten wir uns nicht, auch wenn wir die Welt um uns nicht mehr wiedererkennen. Fürchten wir uns nicht, wenn Sorgen und Verzweiflung uns zu erdrücken scheinen. Auch um die Hirten war alles dunkel. Aussichtslos schien ihre Nacht und der Engel kam und seine Worte sind der Schlüssel zu Hoffnung, zum Leben, zur Zukunft. Fürchtet euch nicht, denn ihr seid nicht allein. Gott ist bei euch – gerade auch in der finstersten Nacht.

Auch einen zweiten guten Grund für die Weihnacht gibt der Engel den Hirten mit auf ihren Weg: „Ich verkünde euch eine große Freude.“ Mit dem Stall von Bethlehem schenkt Gott der Welt ein Fest. Der Retter ist da und mit ihm keimt die Hoffnung. „Gott ist als Armer in die Welt eingetreten, und vor allem arme Menschen ließ er an sich heran“, so meinte Papst Franziskus dieser Tage. Wir dürfen, wir sollen uns an Weihnachten also sogar freuen, darüber, dass alles gut werden wird, dass die Liebe jeden Hass entwaffnet, das Leben den Tod besiegt und jede Nacht hell wird. Das sind doch gute Nachrichten – und sie sind wahrhaftig.

Unsere Zeit stellt uns auf die Probe. Die Angst scheint oft überzeugender zu sein als die Botschaft von Bethlehem. Immer dann aber, wenn die Nacht am dunkelsten ist, sprechen wir mit den Hirten das große „Trotzdem“. Glauben wir an den Stern, auch wenn wir ihn nicht sehen. Trauen wir Gott und uns das Unmögliche zu. Ja, wir dürfen nicht nur Weihnachten feiern, wir müssen Weihnachten feiern! Wir müssen Weihnachten feiern, um Licht und Freude in das Leben der Menschen zu tragen. Es geht an Weihnachten darum, dass Unwahrscheinliches auf einmal möglich wird. Weihnachten heißt, dass es in allen Lebenssituationen Hoffnung gibt.

Von Herzen wünsche ich uns allen, dass uns die Gründe für die Weihnacht nie fehlen und wir nie verlernen, es Weihnachten werden zu lassen. Frohe, gesegnete Weihnachten!

Bischof Benno Elbs