Hirtenwort von Bischof Benno Elbs zur Vorbereitung auf Ostern 2018

„Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.
Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“
(Mk 1,15)

Wie eine verlockende Verheißung klingt es im Evangelium des ersten Fastensonntags. Reich Gottes, das meint Friede, Liebe, Gerechtigkeit, Freude – Leben in Fülle. Die Fastenzeit lädt dazu ein, nach den Quellen des Gottesreiches zu suchen. Mystiker und spirituelle Menschen wissen darum: Gott ist uns in jedem Augenblick nahe. „Näher als Haut oder Halsschlagader. Wir: deine Verstecke“, so bringt es der Dichter Kurt Marti auf den Punkt.

Wie die Natur jetzt im Frühling nach einer Phase der Ruhe, der Klärung und des Kräfte Sammelns neuem Leben den Weg bereitet, ist die Fastenzeit für uns eine Zeit der Standortbestimmung und der Regeneration; eine Zeit des Ordnens, um Ziele und Wege zu klären. Fasten, Fastenwochen und Fastenseminare haben gerade im Frühjahr Hochkonjunktur, und das sehr wohl auch außerhalb der Kirche. Reinigung und Entschlackung des Körpers, Erholung für die Seele, Schärfung der Sinne, Klärung von Zielen und Stärkung des Willens werden als heilsame Wirkungen des Fastens versprochen. Die entscheidende Frage ist: Wofür wollen wir frei werden? – Für neue Kilos? Für neue Sehnsüchte und Süchte? Für den noch größeren Alltagsstress? Oder vielleicht für mehr Stille, Tiefe, Langsamkeit, Wesentliches?

Auf unterschiedlichen Ebenen des persönlichen Lebens und des menschlichen Miteinanders kann eine solche Zeit der Besinnung und des In-sich-Gehens neue Kraft, Freude und Lebendigkeit schenken. Ich möchte einige Wege aufzeigen.

  • Persönlich kann eine Reise nach Innen heilsam sein. Man kann zum Beispiel eine aktuelle Zwischenbilanz über das eigene Leben ziehen: Wo läuft es gut und womit bin ich weniger zufrieden? Wo sollte ich Altes, Einengendes loslassen, um freier zu werden? Exerzitien im Alltag in vielen Pfarreien, die Impulse der Aktion „Halt amol“, eine Reihe „Lebensspuren. Spirituelle Impulse aus der Wüste“ im KirchenBlatt oder vielleicht auch ein Beichtgespräch laden ein, Inventur als Zwischenbilanz zu machen. Vielleicht spüre ich dann: Ich bin wertvoll in den Augen Gottes, nicht erst durch meine Leistung oder Anerkennung durch andere.
  • Im Umgang mit meinem persönlichen Umfeld, in der Partnerschaft, in der Familie, im Freundeskreis, im Beruf kann ich mich fragen: Wo gibt es Verletzungen, die der Heilung bedürfen? Wartet irgendwo Unversöhntes auf Bereinigung? Wem oder was sollte ich vielleicht mehr Zeit widmen?
  • Im Blick auf meinen Einsatz in Gesellschaft und Politik könnte ich Bilanz ziehen: Bin ich berührbar für Menschen am Rande? Habe ich Freunde bei den Armen? Wo setze ich mich ein für Gerechtigkeit, Toleranz, Solidarität, Nächstenliebe?
  • Meine Sicht auf Veränderungen in der Kirche können zur Frage führen: Welche Neuaufbrüche sind auch hier angesagt? „Wir alle sind zu einem neuen missionarischen Aufbruch berufen“, schreibt Papst Franziskus in „Evangelii gaudium“. Wir sind aufgefordert, diesen Ruf anzunehmen: hinauszugehen aus der eigenen Bequemlichkeit und den Mut zu haben, alle Randgebiete zu erreichen, die das Licht des Evangeliums brauchen. (EG 20) „Die Freude aus dem Evangelium, die das Leben der Gemeinschaft der Jünger erfüllt, ist eine missionarische Freude.“ (EG 21).

Das 50-Jahr-Jubiläum unserer Diözese, das wir in diesem Jahr feiern dürfen, soll wirklich ein Ereignis für alle Menschen in unserem Land werden: für junge und ältere, Frauen und Männer, arm und reich, kirchennah und -fern. Mein Anliegen ist es, Brücken zu bauen zu den Menschen am Rande. Darum haben wir das Jubiläum begonnen mit einem Festmahl mit Menschen, denen es nicht so gut geht. Gastfreundschaft und Gemeinschaft pflegen heißt es beim „Dialog für alle“. Die Sozialaktion „Glücksbüx“ unterstützt Vorarlberger Kinder, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Mit der Wanderausstellung „ZeitRaffer“ schauen wir dankbar zurück und blicken mit dem „Pavillon 50“ zugleich nach vorne, wie wir die Zukunft für alle lebenswert gestalten möchten. Wir beten miteinander bei der „Novene 8.50“ und wollen mit einem hoffnungsfrohen Blick nach vorne beim Fest am See am 26. Mai in Bregenz und dann am 8. Dezember im Dom in Feldkirch die Freude am Glauben feiern. Denn „Wer glaubt, ist nie allein! Du, Herr, wirst mit uns sein“ (GL 927).

Wenn wir uns so auf unserem Weg nach Ostern erneuern, dann strahlt im Leben Licht auf, Wärme wird spürbar und Freude erfüllt uns. Dann ist Gottes Reich nahe.

Von Herzen wünsche ich es uns allen.

+ Benno Elbs
   Bischof von Feldkirch

 
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