"Carl Lampert verehren heißt, der Stimme des Gewissens zu folgen, auch wenn die Mehrheit dies nicht für gut heißt" - Pfr. Magnus Koschig aus Halle a. d. Saale referierte beim Priesternachmittag am 1. Oktober 2014 in Dornbirn.

Reinhard Maier

„Unsere Zeit braucht das Zeugnis der Christen, um nicht Innerweltliches absolut zu setzen und so in neue Abhängigkeiten zu geraten. Das kann auch bedeuten, Widerstand zu leisten gegen Gewinnmaximierung, materiellen Reichtum und Beliebigkeit als falsch verstandene Freiheit. “
Mit diesen Worten skizzierte Pfr. Magnus Koschig aus Halle an der Saale beim Priesternachmittag am 1. Oktober in Dornbirn St. Martin, wie man Heiligenverehrung heute verstehen kann.

Pfr. Magnus Koschig   Pfr. Magnus Koschig

Gefährliche Erinnerung
Mit der „gefährlichen Erinnerung“ in der Todesanzeige für Pfarrer Otto Neururer, den Gott am 30. Mai 1940 „nach großem Leid“, „fern seiner Seelsorgegemeinde, in Weimar/Buchenwald heimgeholt hat“, und der Versicherung „sein Leben und Sterben werden wir nie vergessen“ begann der Leidensweg von Provikar Lampert. Er wurde in das KZ Dachau eingeliefert und nach einem langen, bedrückend schweren Leidensweg schließlich am 13. November 1944 in Halle hingerichtet – zusammen mit zwei weiteren Priestern, Herbert Simoleit und Friedrich Lorenz.

Ein Jahr später feierte die katholische Jugend von Halle einen Gottesdienst für diese drei Priester. Kein Requiem, keine Totenlieder, sondern die Christ-Königs-Messe. Drei junge Männer aus dieser Jugendgruppe studierten später Theologie und wurden Priester. Einer von ihnen, Claus Herold, sorgte dann in der Zeit der kommunistischen Diktatur als Pfarrer in Halle dafür, dass man sich den „Luxus des Vergessens“ nicht leistete.

Eine Stimme des Gewissens
Auch jetzt, nach der deutschen Wiedervereinigung gelte es, der Stimme des Gewissens Folge zu leisten – im Privaten, in der Kirche und in der Gesellschaft, so Pfr. Koschig. In der zunehmenden Entchristlichung – mehr als 80 Prozent sind konfessionslos – sieht er die große Herausforderung.

In Carl Lampert hat die Pfarre, die auch Sitz der einzigen katholischen Oppositionsgruppe der DDR war, ein Vorbild gefunden, das helfen kann, einen „inneren Kompass“ zu entwickeln, um sich in der unübersichtlicher werdenden pluralen Gesellschaft orientieren zu können, meinte Koschig. Sein Anliegen ist es, etwa mit Projekttagen Wege zu eröffnen, um Jugendlichen dieses Vorbild näher zu bringen. Damit sie sich nicht von der grauen Masse vereinnahmen lassen. Nicht mitmachen, wo es besser wäre, gegen den Strom zu schwimmen. Und nicht schweigen, wo es angebracht wäre, die Stimme laut und vernehmlich zu erheben.

Heilsames Erinnern

Persönliche Zugänge und Erfahrungen mit der Person von Carl Lampert bekamen Raum beim Priesternachmittag:

Überraschende Hilfe erfuhr Josef Schwab, nachdem er Carl Lampert seine Sorgen anvertraute. Kunstwerke in der Carl-Lampert Kapelle und die Installation „Layer“ in Dornbirn eröffnen für ihn neue Sichtweisen.

Betroffen von Lamperts Entwicklung vom karrierebewussten Priester zum unschuldig Verfolgten, der sich trotz tiefster Demütigungen nie beugen ließ, der voller Ängste und Zittern dennoch total auf Gott vertraut hat, zeigte sich Wilfried Blum. Für ihn ist Lampert ein Patron der Gewissensfreiheit und des Widerstandes.

Ein Märtyrer, ein Zeuge des Glaubens, der in aller Radikalität Glaube, Hoffnung und Liebe gelebt hat, ist der Selige für Thomas Felder. Sein Zeugnis stellt uns vor die Frage: Wie lebe ich meinen Glauben? Welche Hoffnung trägt mich? Von welcher Liebe lasse ich mich berühren?

Als Kraftquelle für Gelassenheit und Vertrauen hat Bischof Benno Elbs Carl Lampert erfahren. Seit der Seligsprechung ist die Gedenkstätte in Göfis für ihn zu einem persönlichen Gnadenort geworden. In der Zeit der Sedisvakanz pilgerte er täglich von Feldkirch nach Göfis. Auch als Bischof wandert er zwei bis dreimal pro Woche diesen Weg: „Es ist ein Anti-Burnout-Programm, wenn man diese Geschichte einatmet.“

Zahlreiche Anregungen brachte der rege Austausch zur Frage: Wie bringe ich Carl Lampert ins Heute – persönlich und in meinem Wirken als Priester? Vom Widerstand gegen den Terror des Zeitgeistes über Friedensarbeit bis zum Vermitteln von Wohnraum für Flüchtlinge reichte der Bogen der Ideen, ehe dann Walter Juen eine neue Broschüre mit Bausteinen für die Liturgie „Carl Lampert verehren“ vorstellte.