Generalvikar Galura beanstandete 1822 das sogenannte "Hochzeitschenken" - das ihm als eine Art sonntäglicher Hochzeitsbrunch gemeldet wurde, aber anscheinend kein solcher war.

Archivale des Monats - Jänner 2016

Der Generalvikar ist aufgebracht

"Dekan Rosenlächer in Lustenau zeigt unterm 1. November 1822 [an], welch' ein Unfug in S. Johann - Höchst an Sonntagen, Vormittag mit den sogenannten Hochzeitschenken herrsche, wobei die Hochzeitsleuthe am Sonntag ein gastiertes Frühstück halten, und den Gottesdienst vernachlässigen."

Das Wort "Schenken" bezieht sich hier nicht auf das Geschenk sondern auf den Brauch einer Nachhochzeit, also einer Nachfeier, bei der "ausgeschenkt" wurde.

Jedenfalls erfolgte eine Aufforderung an den Dekan, Genaueres zu berichten. Dekan Rosenlächer in Lustenau antwortete: "Den Unfug des sogenannten Hochzeitschenken in einem Theile des Dekanats Dornbirn betreffend hat sich der gehorsamst Unterzeichnete indessen jetzo in die genaueste Kenntniß gesetzt, und gefunden: Daß am Tage der dritten Verkündigung niemals - auch in Höchst nicht! - die ehliche Eintragung vorgegangen seye - hiemit auch kein Hochzeitmal gegeben werde; aber dann am nächsten Sonntage darauf wurden nach dem nachmittägigen Gottesdienste in Höchst, nach schon älterem Herkommen, die sogenannte Hochzeitschenke gehalten. Herr Pfarrer Steurer berichtet jedoch, daß auch diese für die Zukunft unterbleiben solle."

Der Dekan ist dagegen

Dekan Franz Joseph Rosenlächer war der Meinung, dass gegen diese Bräuche hart durchgegriffen werden müsse: "Indessen wäre es unmaßgeblich auf jeden Fall sehr nützlich und heilsam, wenn ein Hochwürdigstes General-Vikariat durch das Wohllöbliche k.k. Kreisamt an alle Landgerichte Vorarlbergs ein allgemeines Verboth bewirkte - von den Ortsvorstehern selbst zu promulgieren und darüber unter eigener Verantworthung zu wachen: Daß an einem Sonn- oder gebothenen Feyertage weder Hochzeitsmal noch eine Schenke gehalten werden dürfe, sondern solche nur an Werktagen erlaubt seyen, und zwar - wenn man dieses nicht befolge - unter einer beträchtlichen Geldstrafe, die jeder Wirth im Übertrettungsfall [...] zu erlegen habe."

Der Generalvikar versteht die Welt nicht mehr

Generalvikar Galura bemerkte auf dieses radikale Verlangen: "Was ist einzuwenden, wenn Hochzeitsleuthe, Eltern, Verwandte 8 Tage nach der Hochzeit am Sonntage, nach dem nachmittägigen Gottesdienste sich im Wirthshause zur Lustarbeit versammeln? Das Generalvikariat darf nicht haften, dagegen eine Verordnung zu erwirkten. Muß demnach dermalen ad acta gehen und ich werde dem Decan Rosenlächer privat antworten."

Generalvikar Galura war also doch der Meinung, dass eine Hochzeit gefeiert gehört!

Bestand: AT-ADF 1.13. GP Höchst 1.2.2.