Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg. Innerhalb weniger Tage war ganz Europa in diesen Konflikt verstrickt, der Erste Weltkrieg hatte begonnen. Fürstbischof Franziskus wandte sich nur zwei Tage später an die Gläubigen.

Archivale des Monats - September 2014

"An meine Völker! [...] Mit rasch vergessendem Undank hat das Königreich Serbien, das von den ersten Anfängen seiner staatlichen Selbständigkeit bis in die neueste Zeit von Meinen Vorfahren und Mir gestützt und gefördert worden war, schon vor Jahren den Weg offener Feindseligkeit gegen Österreich-Ungarn betreten." So begann das Kriegsmanifest von Kaiser Franz Josef, in dem er Serbien den Krieg erklärte. Fürstbischof Franz Egger verfasste zwei Tage später einen ersten Hirtenbrief. Diesen begann er eher resigniert:

Brixner Diözesanblatt 1914"Vielgeliebte im Herrn! So ist denn der Krieg zwischen Österreich und Serbien wirklich ausgebrochen. Unter dem 28. Juli des Jahres hat Seine Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät, unser allergnädigster Kaiser, an die Völker seines Reiches ein Manifest erlassen, worin Allerhöchstderselbe verkündet, daß der Krieg mit Serbien unvermeidlich geworden."

Der Monarchie treu

"Österreich hat den Krieg nicht gewollt, er wurde ihm aufgenötigt. 'Die Umtriebe eines haßerfüllten Gegners,' so heißt es im Kriegsmanifeste, 'zwingen Mich zur Wahrung der Ehre Meiner Monarchie, zum Schutze ihres Ansehens und ihrer Machtstellung, zur Sicherung ihres Besitzstandes nach langen Jahren des Friedens zum Schwerte zu greifen." In der Tat, die Nachwelt wird staunen über die Langmut Österreichs gegenüber den beispiellosen Machinationen, welche unter den Augen, ja unter amtlich nachgewiesener Begünstigung der serbischen Regierung gegen Österrreich und sein Herrscherhaus jahrelang getrieben wurden, bis sie endlich in der schauerlichen Katastrophe in Sarajevo durch die Ermordung des edlen Thronfolgerpaares ihren nur allzu traurigen Abschluß fanden. Das Maß war endlich voll. Österreich konnte, ohne sich selbst aufzugeben, nicht länger die Haltung zuwartender Langmut beobachten. Eine Sühne für die Vergangenheit war ebenso notwendig als eine Garantie für die Zukunft. Serbien hat beides verweigert und so war der Krieg unvermeidlich geworden." 

Der "gerechte Krieg"

"Wenn es je einen gerechten Krieg gab, so ist es gewiß der gegenwärtige. Ganz Österreich-Ungarn hat diese seine Überzeugung in flammender Begeisterung zum Ausdruck gebracht. Man fühlt es und das ganze zivilisierte Europa fühlt es mit uns: So kann es nicht mehr weitergehen. Es handelt sich nicht mehr bloß um die Throne, es handelt ssich um den Fortbestand von Recht und Kultur, um den Fortbestand der höchsten Güter der Menschheit."

nicht nur Gott ergeben

Bischof Egger"Und dies, meine vielgeliebten Diözesanen, ist der erste Grund, der uns aufrecht halten und trösten muß bei den Heimsuchungen, die jeder Krieg mit sich bringt, bei den Opfern, welche er fordert: die Heiligkeit und Gerechtigkeit unserer Sache. Bringen wir diese Opfer bereitwillig und entschlossen. Blicket hin auf das erhabene Vorbild unseres greisen Monarchen, der ohne Zagen und Klagen entschlossen zu den Waffen greift, obwohl er seinen sehnlichsten Wunsch, die letzten Jahre seines Lebens den Werken des Friedens zu weihen, vereitelt sieht. Blicket hin auf das leuchtende Beispiel unserer braven Soldaten, die allen Strapaze des Krieges und selbst den Gefahren des Todes unerschrocken entgegensehen."

Aufopferung und Buße

"Fassen wir Mut, Geliebteste! Gott ist mit uns. 'Denn gerecht ist der Herr und er liebt die Gerechtigkeit.' Ps. 10,8. Er wird ide Bosheit nicht triumphieren lassen. Beten wir also in Demut und Vertrauen, daß er unseren gerechten Waffen den Sieg verleihe. Er ist der Herr der Heerscharfen, 'sein ist der Sieg'. Paral. 29,10. Wenden wir uns an den göttlichen Bundesherrn und sein heiligstes Herz, wie es unsere Väter getan zur Zeit der Kriegsgefahr; flehen wir zu der unbefleckten Jungfrau, die da ist nicht bloß schön wie der Mond und auserlesen wie die Sonne, sondern auch 'furchtbar wie ein geordnetes Kriegsheer'. Durch aufrichtige Buße über unsere Sünden, durch Gebet und Almosen, besnders durch Werke der Liebe und Barmherzigkeit gegen die armen Verwundeten wollen und werden wir herabziehen den Segen des Himmels und den Sieg auf unsere Waffen. Es segne euch der dreieinige Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist."

Brixen, den 30. Juli 1914.

+Franziskus, Fürstbischof.

Der Erste Weltkrieg sollte vier Jahre dauern. Am Ende war nicht nur die Zivilbevölkerung von den Entbehrungen gezeichnet, auch 5.000 Vorarlberger Soldaten waren gefallen oder vermisst, viele verwundet oder in Gefangenschaft. Die alte Weltordnung war zerbrochen, in dem 1918 verhandelten Frieden war der Keim für eine weitere Kriegskatastrophe bereits gelegt.

Bestand: Brixner Diözesanblatt Nr. 5, Jg. 1914, S. 53-54.