Vor 200 Jahren kam der Walgau endgültig vom Bistum Chur zum Bistum Brixen. Der Bischof von Chur verabschiedete sich mit einem Schreiben von seinen bisherigen Gemeinden.

Archivale des Monats - September 2016

Kaiser Josef II.

Schon in den Jahren vor 1790 hatte Kaiser Josef II. im Rahmen seiner Reformideen auch Pläne für die Neugestaltung der Diözesangrenzen im Westen seines Reiches. Die damaligen vorderösterreichischen Besitzungen der Habsburger sollten in eine eigene Diözese eingegliedert werden, die mit den Grenzen des Habsburgerreiches übereinstimmen sollten. Als Sitz war Bregenz oder Lindau im Visier, da die politische Oberbehörde, das sogenannte schwäbisch-österreichische Gubernium, für Vorderösterreich zuständig war. Bischöfe, deren Bischofssitze sich im Ausland befanden, sollten kein Mitspracherecht innerhalb der kirchenpolitischen Maßnahmen der österreichischen Regierung haben und damit die Reformen des Kaisers nicht untergraben können. Die Pläne von Kaiser Josef wurden durch die französische Revolution und die darauf folgenden napoleonischen Kriege zunichte gemacht. Vorderösterreich gab es nach dem Frieden von Pressburg nicht mehr.

Bayrische Zeit

Nach der Übergabe Vorarlbergs an die bayerische Regierung im Jahr 1806 versuchte diese möglichst rasch den Einfluss des Churer Bischofs zu unterbinden. Bereits 1808 wurde unter dem Druck der bayerischen Regierung das Vorarlberger Gebiet des Bistums Chur, das 49 Pfarren und elf Exposituren umfasste, provisorisch dem Fürstbischof von Brixen unterstellt. Als sich das Ende der bayerischen Herrschaft abzeichnete, wurde auf päpstliche Veranlassung und gegen den Widerstand des Brixner Fürstbischofs, die Administration dem Churer Bischof zurückgegeben.

Zurück bei Österreich

1816 kehrten Vorarlberg und Tirol ins Habsburgerreich zurück. Eine Zentral-Organisations-Kommission in Wien wollte nun Tirol und Vorarlberg in drei Bistümer teilen, nämlich Innsbruck (Nordtirol und Vorarlberg), Brixen und Trient. In einem ersten Schritt wurden nun die Churer und Augsburger Bistumsanteile durch eine päpstliche Anordnung mit dem Bistum Brixen vereinigt. Erst die päpstliche Bulle „Ex imposito nobis“ regelte die diözesanen Verhältnisse, indem Vorarlberg als Generalvikariat mit einem eigenen Weihbischof als Teil der Diözese Brixen als „zukünftige Diözese“ bezeichnet wurde. Dieses Ziel konnte 1968 mit der Diözesanerhebung erreicht werden. Die Verwaltung für das Bistum Brixen übernahm in Vorarlberg in einem ersten Schritt der letzte Dekan des Walgauer Dekanates, Johann Joseph Stey. Er fungierte als „Übernahmekommissär“ für den Konstanzer Bistumsanateil bis zum Amtsantritt des ersten Generalvikars in Feldkirch, Bernard Galura.

Abschied von Chur

Der Bischof von Chur entließ die seine Diözesanen mit einem Schreiben am 10. September 1816 ins Bistum Brixen, womit die viele Jahrhunderte währende Zugehörigkeit zum Bistum Chur beendet war:

„Von Gottes Gnaden Karl Rudolph, Bischof zu Chur, des Heiligen Römischen Reiches Fürst, Herr zu Fürstenberg und Fürstenau, etc. entbieten der Ehrwürdigen Geistlichkeit und übrigen bisherigen Bisthumbsangehörigen in Vorarlberg unseren Gruß und alles Gute in dem Herrn.

Da Seine päpstliche Heiligkeit sich bewogen gefunden, unsere in dem oesterreichischen gelegenen Diözesanbezirke an den Herrn Ordinarius zu Brixen, unter dessen provisorischer Verwaltung sie unlängst durch mehrere Jahre gestanden, neuerlich zu übertragen und dahin zu vereinigen: So machen wir – in die Verfügungen des heiligen Stuhles stets ergeben – Euch von dieser Anordnung durch gegenwärtiges die Anzeige, entlassen Euch von den bisher gegen uns als euren Bischof getragenen Pflichten der kanonischen Subordination und allen Verbande mit uns und unserer noch übrigen Diöces dergestalt, daß Ihr vom sechsten des nächstkünftigen Monats October an – Euch als unter das bischöfliche Ordinariat zu Brixen gehörig zu betrachten und künftig von dorther die geistliche Versorgung zu empfangen habet.

Wir verbergen anbey nicht, daß uns diese Trennung von einem Theile unserer Herde, den wir stets unter unseren geliebtesten und getreuesten gezählet haben, nicht wenig schmerzlich fällt. Doch finden wir nicht minderen Trost in der sicheren Hofnung, daß Ihr unter dem neuen Hirten in dem alten Eifer für die heilige Religion verharren, und dem Herrn, dem wir alle gehören, mit der bisherigen Treue nach der Lehre und Vorschriften der heiligen Kirche, dienen werdet; was der einzige Zweck ist, den wir in unserem Hirtenamte über Euch haben könnten, und auch einzig hatten.

Waren die Zeiten so beschaffen, daß wir zur Erfüllung dieses Zwecks und unserer oberhirtlichen Sorgfalt für Euch weniges thun konnten; so hatten wir wenigst Gelegenheit, manches für selbe, selbst bis zur Verbannung, zu leiden, und Euch das Beyspiel zu geben, daß wir unsere Treue gegen Gott und gegen den zum Grundstein seiner Kirche gesetzten apostolischen Stuhl, auch mit Erduldung alles Ungemaches bewähren müssen.

Übrigens danken wir Euch für so viele Beweise Eurer Liebe und Treue gegen uns, und da wir alle nur eine Kirche ausmachen und in dieser miteinander im Geiste vereiniget sind; werden wir – der äußeren Trennung ungeachtet – Euch nie aus unseren Herzen noch aus unserm Andgedenken und Gebethe für Euch entlassen, so wie wir in dieses auch uns gegenseitig empfehlen, indem wir Euch das letztemal, voll der oberhirtlichen Liebe, unseren bischöflichen Segen ertheilen.

Gegeben Chur aus unserem bischöflichen Sitze am 10. September 1816

Carl Rudolph

Fürstbischof“

Das Original dieses Briefes können Sie hier sehen.

Literatur: Edmund Karlinger / Carl Holböck, Die Vorarlberger Bistumsfrage. Graz 1963.

Bestand: AT-ADF 1.2. GB 1.1.6.