...verständliche Regelung zur gerechten Einteilung der seelsorglichen Betreuung der Alpleute im Kleinen Walsertal. Und deshalb begab sich 1793 eine Kommission nach Mittelberg. Darüber hat sich im Diözesanarchiv ein Bericht und eine Vereinbarung erhalten.

Archivale des Monats - August 2015

1793

Das Jahr 1793 beunruhigte Europa: Die französische Revolution zeigte mit der Hinrichtung des ehemaligen Königs Ludwig XVI. und seiner Frau Marie Antoinette sowie dem militärischen Vorgehen der Revolutionsarmee gegen die Nachbarstaaten erste Auswirkungen auf die alte europäische Ordnung.

Im Kleinen Walsertal

Im Kleinen Walsertal ging es um kleinere Probleme, nämlich die seelsorgliche Betreuung der Alpleute auf dem Gebiet des Gerichts Mittelberg. Damals gehörte das Kleine Walsertal zum Bistum Konstanz, politisch war das Gubernium in Innsbruck für Verwaltungsfragen zuständig.

Eine große Kommission

Die "Hochfürstlich bischöflich Konstanzische geistlichen Raths-Praesident, Vicarius generalis, officiis und Räthe" berichten über ihre Verhandlungen in Mittelberg: "Nachdem von dem k.k. Gubernium zu Innsbruck diejenige gütliche Abkunft, die die 3 Pfarren zu Mittelberg, Hirschegg und Riezlern wegen Besichtigung ihrer Seelsorgsgrenzen, und Pastoration der auf den Gerichts mittelbergischen Alpen zu Sommerstiet wohnenden Gerichts-Angehörigen vor der cummulativ geistlichtlichen, und weltlichen Comission zu Hirschegg abgepflogen hatten, die Beynehmigung beygefüget worden ist, und auch wie von bischöflichen Dekanats wegen diesen getroffenen Übereinkommniß zu bestättigen keinen Anstand finden: so communicieren Wir dem Hrn . Pfarre reinen Auszug des geisltichen Comissional-Protokolls, sowohl was die Gränzen dessen Pfarrbezirks betrift, als auch der Beschrieb derjenigen Orte, welche von der Pfarre Mittelberg abgezogen, und er Pfarre Riezlern zugetheilet worden sind. Endlich einen weiteren Auszug des Protokolls die Seelsorgs-Pflege der auf den Gerichts Mittelbergischen Alpen wohnenden Leuthen belangend mit dem genauesten Befehl, diese festgesezte Richtschnur für die Zukunft pünktlich zu beobachten."

Leben und Sterben auf den Alpen

Da anscheinend bisher "Missverständnisse" geherscht hatten, legte die Kommission mehrere Punkte fest.

1. Sollte eine Person auf einer Alpe ernstlich erkranken und nach einem Geistlichen verlangen, "sollte der nächst gelegene, wenn es verlangt worden, solche Personen im geistlichen zu bedienen schuldig seyn, hingegen aber auch der eigene Pfarrer von dieser Person, obschon nicht der nächst gelegene, doch aber erbettene, gleiche Verbindlichekeit auf sich haben, sohin die kranke Person ohne den nächstgelegenen Seelsorger fragen zu müßen, mit den Heilsmitteln versehen solle." Ob diese Formulierung zur Ausräumung der Missverständnisse führte bleibt offen.

2. Sollte eine Person auf einer Alpe sterben, sollte er "auf dem Frythof bey siener eigenen Pfarrkirche begraben" werden.

3. Auch der Transport der Leichen wurde geregelt, denn es wurde festgelegt, dass: "jedem Leichnam der Durchzug durch jede mittelbergische Pfarre, wenn es nöthig seyn sollte, unentgeltlich gestattet" werden sollte.

4. Zusätzlich wurde festgesetzt, dass, "in jedem solchem Falle, dem betreffenden Mesner für das Scheidungsläuten 4 Kreuzer und für das Läuten beym Durchzug des Leichnams 8 Kreuzer, wenn ein, oder das andere Läuten begehret würde von der Freundschaft des Verstorbenen bezahlet werden."

Doch auch freudige Ereignisse des Lebens wurden geregelt, so unter Punkt Fünf: "Für den Fall, daß in einer der vorbemerkten Alpen ein Kind gebohren werden sollte, so ist das Kind zur heiligen Taufe in die eigene Pfarrkirche seiner Eltern vorzüglich um die Taufbücher in behöriger Richtigkeit halten zu können, zu bringen, es wäre dann ein Nothfall, in welchem des nächstgelegenen obschon nicht rechtmäßigen Seelsorger verbunden seyn solle, das neugebohrene Kind unentgeldlich zu taufen und dabey die Eltern des Kindes anzuweisen, daß sie den Geburtsfall ihrem Seelsorger ohne Zeitverlust ansagen, und melden sollen, wo übrigens die Aussegnung der Kindbetterin bey was immer für einem mittelbergischen Seelsorger anzulangen freystehen und daher auch jeder dieses Verlangen zu erfüllen haben solle."

Neue Grenzen

Außerdem wurde noch die Einteilung der Alpen zu den Pfarren vorgenommen: "Da Oberseite, und Au zur Pfarr Hirschegg gemeint zu seyn entschieden wurde, sollen die Gränzen der Pfarre Hirschegg gegen Riezlern von der Höhe anfangen in gerader Linie herab über das Landwasser herüber und auf die Höche der Weide des Franziskus Math aus der Oberseite hinlaufen, und daselbst eine Mark gesezet werden, von dieser Mark sodann ebenfalls in gerader Linie durch das nächst daran liegende Holz-Schächle auf die Mitte des Franz Mathen Stadel, und von a durchaus wieder in gerader Linie auf den sogenannten Breg-Kopf zwischen Jodok Schuken und Franz Mathen Vieh-Waiden, dann ebenfalls gerade in die Höche des sogenannten Kihrenboden beym Schwemme, endlich von da des Schlegel Welze nach bis zur abgehenden Scharte der Hochalpe, von diesr aber gehört ebenfalls das Schlegel Welze nach in den Hohen Neife, von diesem mann fort nach den äussertsten Gränzen der in das Gericht Mittelberg gehörigen Alpen bis in den höchsten Kopf der Alp Schwarenwasser genannt, von da des Schlegewelze nach gegen den Sterzlen über dem Muttlerberg und herüber bis inden so oben bemerkten zur Grenz-Scheidung gegen Mittelberg festgesetzten Pöhler." Ob mit dieser Beschreibung endgültig alle Missverständnisse ausgeräumt werden konnten, bleibt offen. Zur Kenntnis genommen wurde das Protokoll von den Pfarrern Joseph Bernard Jochum in Mittelberg, Franz Dionys Kuster in Riezlern und Albin Schedel in Hirschegg.

Bestand: AT-ADF 1.13. GP Riezlern 1.2.6.