Seit der ersten Pfarrgemeinderatswahl am 7. und 8. Juni 1975 sind über vierzig Jahre vergangen. Nun steht die nächste Wahl an: Ein Gremium im Wandel der Zeit.

Archivale des Monats - Februar 2017

Papst Pius XI.

Papst Pius XI. beschritt in seiner Antritts-Enzyklika "Ubi arcano Dei" im Jahr 1922 völlig neuen Boden: Er traute in diesem Rundschreiben erstmals Laien die Teilnahme am Apostolat der Kirche zu, das heißt erstmalig wird Laien ein Mitwirken an der kirchlichen Arbeit zugetraut. Als Mittel dazu nannte Papst Pius XI. damals die Katholische Aktion. Eine Ausformung dieser Teilhabe der Laien am Geschehen in der Pfarrgemeinde war und ist die Einrichtung des Pfarrgemeinderates.

Was sagt das Konzil ?

Der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher beschrieb dieses Mitwirken in einem Hirtenbrief folgendermaßen: "Der Pfarrgemeinderat basiert auf dem Kirchenverständnis des 2. Vatikanischen Konzils. [...] Das neue Kirchenverständnis besagt, daß die Kirche am Ort, also die Pfarre, die Leistung all ihrer Glieder sein muß. Darum wird das Konzil nicht müde, immer wieder zu betonen, daß neben den Priestern auch die Laien Rechte und Pflichten in dieser Kirche, also in der Pfarre haben - entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit, ihrer Stellung. Sie haben das Recht und die Pflicht, ihre Meinung zu äußern in dem, was das Wohl der Kirche betrifft; sie haben das Recht und die Pflicht zu eigener Initiative in ihrem Anteil am Apostolat. Man kann daher zur Begründung des Pfarrgemeinderates nicht zuerst den Priestermangel und die Arbeitsüberbürdung mancher Priester heranziehen. Wir müssen diese Einrichtungen, wie der Pfarrgemeinderat eine ist, von der Aufgabe her, die jedes Glied der Kirche hat, sehen und begründen.  [...] Als Vorsteher der Gemeinde ist im Pfarrgemeinderat der Pfarrer der Vorsitzende. Der Pfarrgemeinderat beschließt nicht bloß, was geschehen soll, sondern überträgt die Aufgaben an Referenten, Fachausschüsse oder sonstige Mitarbeiter, die wiederum Rechenschaft ablegen über ihre Arbeit. Das Apostolat, das hier ausgeübt wird, wird nun vor allem als 'Teilnahme an der Heilssendung der Kirche selbst' gesehen. Der Pfarrer steht nicht dem Pfarrgemeinderat gegenüber, sondern er gehört ihm an. Es ist also ein Miteinander, nicht ein Gegenüber."

PGR-Wahl 1975

Die Kriegsjahre erschwerten die von Papst Pius XI. angestoßene Institutionalisierung der Laienmitarbeit, die Nachkriegsjahre trugen andere Herausforderungen an die Pfarren heran. Ab den 1950er Jahren etablierten sich schließlich in einzelnen Pfarren sogenannte Pfarrausschüsse als Vorgängereinrichtungen der Pfarrgemeinderäte. Immer mehr Pfarrer setzten - auch im Geiste des Konzils - auf die Mitwirkung solcher Gremien, sodass der Pastoralrat der Diözese eine Organisationsform für die Pfarrgemeinderäte entwickelte. Schlussendlich fand 1975 die erste PGR-Wahl statt. Eine Zusammenfassung zeigt folgende Wahlergebnisse auf:

40 Pfarreien führten zu diesem Termin bzw. einem anderen Zeitpunkt des Jahres 1975 Pfarrgemeinderatswahlen durch. Davon war es für 12 Pfarreien die erste Wahl, für 27 Pfarreien die zweite Wahl und für 1 Pfarre bereits die dritte Wahl. Die Statistik zeigt folgende Aufteilung:

Dekanat Anzahl Pfarren Anzahl PGR in Prozent
Feldkirch 14 7 50 %
Rankweil 20 11 55 %
Bregenz 23 14 60 %
Dornbirn 13 13 100 %
Vorderwald 11 3 27 %
Hinterwald 14 5 36 %
Walgau-Walsertal 13 2 15 %
Bludenz 15 5 33 %
Montafon 13 1 8 %
Gesamt 136 61 45 %

 

Interessant scheint die Wahlbeteiligung: Sie hatte bei der Wahl 1975 eine Schwankungsbreite zwischen 7 % und 95 %, wobei der Durchschnitt bei 35 % lag. Die gewählten Pfarrgemeinderäte organisierten sich in Arbeitskreisen, dabei wurden hauptsächlich die Themen Liturgie, Ehe und Familie, Erwachsenenbildung, Jugend und Soziales genannt. Durch die neuen Arbeitsfelder musste auch das Verhältnis zu den Pfarrkirchenräten geregelt werden. Der Großteil der Pfarrgemeinderäte kooptierte den geschäftsführenden Vorsitzenden des Pfarrkirchenrates in den Vorstand, es gab jedoch auch unterschiedlichste andere Regelungen. Hier scheint die Einrichtung des Pfarrkirchenrates als Arbeitskreis des Pfarrgemeinderates in einzelnen Pfarren aus heutiger Sicht originell aber auch inovativ.

Die ältesten Räte

Am längsten gibt es übrigens einen gewählten Pfarrgemeinderat in der Pfarre Bludenz-Heilig Kreuz: Nachdem seit 1950 bereits ein berufener Pfarrlaienrat tätig war, fand 1962 in Bludenz die erste PGR-Wahl statt. Später folgten der Pfarrlaienrat in Dalaas 1964 und der Seelsorgerat in Röthis 1967, In Sibratsgfäll bestand seit 1969 ein Pfarrgemeinderat. Die Zusammensetzung der Arbeitskreise war zeitbedingt, so hatte der Pfarrgemeinderat Bludenz im Jahr 1970 folgende Arbeitskreise: Wohnviertelapostolat, Jugend, Volksmission, Massenmedien, Vorbeterdienst, Gastarbeiter und Caritas. In den folgenden Jahren etablierte sich die Arbeit der Pfarrgemeinderäte als essentieller Teil der Gemeindearbeit in den Pfarren und wird seit 1976 auch durch einen hauptamtlichen Mitarbeiter im Diözesanhaus koordiniert. 2017 findet die neunte allgemeine Pfarrgemeinderatswahl in der Diözese Feldkirch statt. Mehr zu dieser Wahl und zu den Aufgaben des Pfarrgemeinderates heute finden Sie hier.

Bestand: AT-ADF 2. D-PA-Teams-Entwicklung-PGR 001 - 004