Die Päpste Benedikt XIV. (1740-1758) und Clemens XIII. (1758-1769) führten das 30stündige Gebet an den letzten Faschingstagen ein, um den Sinn der Gläubigen vom weltlichen Treiben abzulenken. Diese Andachtsform wurde in vielen Vorarlberger Gemeinden gepflegt (z. B. in Röthis, Riezlern, Eichenberg, Bartholomäberg oder Andelsbuch), so auch in Braz.

Archivale des Monats - Februar 2013

Dreißigstündiges Gebet in Braz

Am 2. Juni 1852 schrieb Pfarrer Johann Anton Ganahl von Braz (1810-1872) an den Dekan in Bürs: „Bekanntlich ist in den 3 letzten Tagen des Fasching zue Braz das 30stündige Gebeth vor ausgesetztem Hochwürdigsten Gute in der Monstranz, und wird dabei sowohl Vor- als Nachmittags feyerlicher Gottesdienst mit Predig gehalten so zwar, daß diese 3 lezten Faschings-Tage in hiesiger Pfarre eigentliche Missionstage sind, an welchen Alles in der Gemeinde, und selbst noch viele Fremde die H. Sakramente empfangen, und das laut Dekret des Hochwürdigsten F. B. General-Vikariates auf weltewige Zeiten verliehenen vollkommenen Ablasses theilhaftig zu werden; mit einem Worte: diese 3 letzen Tage des Fasching werden in daiger Gemiende wie gebothene Feyrtage gehalten.

Schon mehr als einmal gelüstete es durch schmutzigen Eigennutz verleitet Gastwirthe gerade zur Zeit, wo das Hochwürdigste Gut in ihrer eigenen Pfarrkirche zur öffentlichen Anbethung ausgesetzt war und feyerlicher Gottesdienst gehalten wurde, sogar Tanzmusik zuhalten, wodurch nicht nur die eigenen Gemeindsbürger, sondern auch noch die fremden Wallfahrter von diesem so schönen gemeinschaftlichen Gottesdienste abgehalten würden, konnte aber bisher immer noch auf gütlichem Wege verhindert werden.

Nun erlaubt sich der gehorsamst Gefertigte die Anfrage, ob ein solcher Unfug, falls er nicht mehr durch Güte verhindert werden könnte, geduldet werden müßte?? – Falls zur Verhinderung solchen Unfuges bisher keine Gesetze bestehen sollten, so stellt der gehorsamst Gefertigte die unterthänigste Bitte, daß das Hochwürdigste Fürst-Bischöfliche Dekanalamt durch geeignete Vorstellungen beym Hochwürdigsten Fürst-Bischöflichen General-Vikariate doch dahin wirken möchte, dass durch Hochselbes bei der politischen Behörde in dieser Hinsicht das zweckdienlichste erzielt werden möchte, damit in hiesiger Pfarre durch diese schöne Andacht der Zweck der heiligen katholischen Kirche erreicht werde, den schon die römischen Päpste: Benedikt XIV. und Clemens XIII. im Auge hatten, als Hochselbe die Aussetzung des Höchsten Gutes während diesen Tagen angeordnet hatten.“

Das Dekanat Bürs und das Generalvikariat Feldkirch

Dekan Joseph Rudigier in Bürs (ein Bruder von Bischof Rudigier in Linz) gab diese Anfrage sehr verkürzt an das Generalvikariat weiter, indem er zusammenfasste: „ob während der in den 3 letzten Tagen des Faschings dortselbst alljährlich stattfindenden 30stündigen Anbetung des Höchsten Gutes Tanzbelustigungen, wenn sie von gewinnsüchtigen Wirthen veranstaltet werden sollten, geduldet werden müssen?“Tanzlaube Schwarzenberg

Das Generalvikariat setzte unter Bezugnahme auf die Gesetzeslage, die für gesetzliche Fast- und Feiertage ein Tanz- und Theaterverbot vorsah, die Verwaltungsmaschinerie in Gang und bemerkte zusätzlich in seinem Schreiben ans Kreisamt in Bregenz, dass „diese ausgesprochene Willensmeinung seiner k. k. Majestät nur als Minimum zu gelten habe, daß somit, wenn in einigen Provinzen aus besonderen Ursachen von jeher größere Beschränkungen bestanden, es dabei zu verbleiben habe.“

Das Kreisamt Bregenz und die Bezirkshauptmannschaft Bludenz

Das Kreisamt Bregenz und die Bezirkshauptmannschaft Bludenz kamen nach längerem Schriftverkehr zum Ergebnis: „Wenn gleich eine bestimmte Verordnung das Abhalten von Tanzmusik an den 3 letzten Faschingstagen in Gemeinden wo besondere Andachten an diesen Tagen abgehalten werden, nicht verbietet, so erklärt es doch das Hochwürdigste Fürst-Bischöfliche Generalvkariat für sehr erwünscht, daß in derlei Gemeinden, wo das Stundengebeth eingeführt ist, und namentlich in Braz, an diesen Tagen Tanzunterhaltungen auf nach geendetem Gottesdienste nicht statt finden.  […] Ein allgemeines Verboth diesfalls finde ich nicht zu erlassen, da wie bemerkt, ein Tanzverboth für diese Tage nur von den lokalen Verhältnissen, und der bisherigen Übung abhängt.“ Der Bezirkshauptmann von Bludenz schließt sein Schreiben mit der Bemerkung: „Das übrigens während des Gottesdienstes keine Tanzmusik an diesen Tagen gehalten werden darf, versteht sich von selbst.“

Pfarrkirche und Tanzlaube in Gaschurn

Bestand: AT-ADF 1.13 GP Braz 1.2.4.2.