Die Ausgrabungen in der St. Peter-Kirche in Rankweil bringen ein wenig Licht in dunkle Jahrhunderte. Möglicherweise sind die Spuren einer frühmittelalterlichen Holzkirche aus dem 7. oder 8. Jahrhundert gefunden worden. Könige zu dieser Zeit waren die Merowinger.

Archivale des Monats - November 2014

Die Merowinger

Der Untergang des weströmischen Reiches in den Umbrüchen der Völkerwanderung brachte neue Herrschaftsstrukturen mit sich: mit Childerich baute der erste merowingische Herrscher seinen Einflussbereich aus, sein Sohn Chlodwig I. verlieh dem Frankenreich durch seine Siege über die Westgoten, Alemannen und andere Konkurenten historische Dimension und machte es durch seine Taufe zu einem christlichen Königreich. Der letzte mächtige Merowinger war Dagobert I., der 629-639 das Frankenreich regierte.

St. Peter in Rankweil

Die Patrozinien der ältesten Kirchen im späteren Vorarlberger Teil des Bistums Chur deuten auf Gründungen entlang der alten Verkehrswege ab dem 6. Jahrhundert hin. Vor allem sind hier die Kirchen in Nüziders (St. Viktor und Viner), Ludesch (St. Martin), Bludesch (St. Nikolaus) und dem Verkehrsknotenpunkt Rankweil: St. Peter. Die Wahl des heiligen Petrus als Kirchenpatron ist die direkte Referenz auf den ersten Papst von Rom und war in den ersten Jahrhunderten des Christentums identitätsstiftend. Als spätere Mutterkirche von Altenstadt und damit Feldkirch, Röthis, Meiningen, Göfis und Koblach wurde sie bereits im Jahr 842/43 im Churrätischen Reichsurbar als "in Ranguilla ecclesia plebeia" (also als Leutkirche in Rankweil) genannt. Die Liebfrauenkirche bestand im 9. Jahrhundert auch schon.

Dagobert in Rankweil

AT-ADF 3. PA Rankweil-St. Peter Hs. 3"in ranguilis curtis dominica cum ecclesia", heißt es im Churrätischen Reichsurbar von 842/43, also "in Rankweil ein Königshof mit Kirche". Es gab zwei Kirchen in Rankweil, St. Peter und die Liebfrauenkirche, und es gab einen königlichen Hof. Ob das Wanderkönigtum der Merowingerzeit je in Rankweil Station gemacht hat, ist unbekannt. Jedenfalls findet sich im "Directorium oeconomico parochiale tripartium eccelsae S. Petri in Ranckweil", einer Handschrift aus dem Jahr 1753, auf der Seite 70 zum Fest des hl. Johannes d. Täufers (24. Juni) folgender Eintrag:

"promulgari etiam hodie pro regiis fundatoribus Austrasiensis et omnia dominatoribus Dagoberto, et Sigeberto potest missa anniversaria altero mox die, et pro nobilibus de Jonas, & omnibus ecclesio S. Petri iam benefactoribus, quam fundatoribus notis, et ignotis uno duntaxat sacro absolvendum sub cantu: libera ac dicendis infra cancellos extra chorum Psalmus Miserere, ac de profundis cum adhibitione thuris in fine."

inhaltlich wiedergegeben:

"auch soll heute die Jahrtagsmesse, die den Königen Austrasiens und allen königlichen Stiftern, Dagobert, und Sigebert, gilt, für einen der nächsten Tage verkündet werden, und für die Herrn von Jonas und alle Wohltäter der Kirche St. Peter, ob ihre Stiftungen bekannt sind oder nicht, eine heilige Messe gelesen werden, das Libera gesungen und am Ende innerhalb der Schranken aber außerhalb des Chores der Psalm 'Miserere' und das 'De profundis' unter Gebrauch von Weihrauch gebetet werden."

AT-ADF 3. PA Rankweil-St. Peter Hs. 3Es wurden also noch im 18. Jahrhundert merowingischer Stiftungen an die Kirche St. Peter in Rankweil gedacht. Welcher der merwingischen Könige namens Dagobert gemeint war, ist nicht klar. Sicher ist jedoch in diesem Eintrag ein Hinweis auf die nun archäologisch nachgewiesene Kirche aus vor- oder frühkarolingischer Zeit zu lesen.

Merowinger im Rankweiler Unterdorf

Dass der Dagobertweg und der Sigibertweg Seitenstraßen der Merowingerstraße sind, die parallel zum Frankenweg im Rankweiler Unterdorf sei nur nebenbei erwähnt: Die Benennung dieser Straßen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hält die Erinnerung an die merowingischen Stifter der St. Peters-Kirche wach.

Bestand: AT-ADF 3. PA Rankweil-St. Peter Hs. 3.