„Nun dienen die himmlischen Mächte unsichtbar mit uns…“ Gedanken zur Liturgie der Vorgeweihten Gaben

In der Fastenzeit (und nur in der Fastenzeit) feiert man in der griechisch-byzantinischen Tradition und damit in der orthodoxen Kirche jeden Mittwoch und Freitag und in der Karwoche an den ersten 3 Tagen, eine „Liturgie der Vorgeweihten Gaben“. Sie entspricht in unserer (lateinischen) Tradition der Karfreitagsliturgie.

Diese Liturgie soll auf eine Empfehlung von Papst Gregor dem Großen (590-604) zurückgehen: der als Diakon mehrere Jahre Geschäftsträger des Papstes am kaiserlichen Hof in Konstantinopel diente. Das griechische Verständnis der Göttlichen Liturgie (= hl. Messe) als Fest der Auferstehung Christi und der Gegenwart des Herrn schloss diese Feier an Fasttagen aus. Er soll angeregt haben, dass die Gläubigen durch den Empfang der eucharistischen Gaben auf dem Weg durch die Nacht und des Kampfes gegen das Böse gestärkt werden sollen. So entwickelte sich im Lauf der Zeit dieser intensive Gottesdienst.

Die Liturgie beginnt mit der Vesper – mit der Verlesung von Psalmen und Fürbitten, mit den Lichtpsalmen (140/141 ff.) und dazugehörenden Strophen, die den Gläubigen zur Meditation anregen. Nach dem Vesperhymnus „Freundliches Licht“ und 2 kurzen Lesungen singt der Chor den Vers „Aufsteige mein Gebet“ (Ps 140/141,2) mit Zwischentexten. Darauf folgt das sog. Bußgebet des hl. Ephrem des Syrers, das in wenigen Worten die wesentlichen Wurzeln unseres Fehlverhaltens nennt und um den Geist der Weisheit, der Demut, der Geduld und der Liebe bittet, auf dass die Menschen eine Hilfe für ihren Weg zur besseren Gestaltung ihres Lebens finden können.

Nun geht der Gottesdienst in die Kommunionfeier über. Der zweite Höhepunkt ist die Übertragung der eucharistischen Gaben zum Altar. „Nun dienen die himmlischen Mächte unsichtbar mit uns, denn siehe, der König der Herrlichkeit tritt ein….“. Eine atemlose Stille, ein Staunen prägt nicht nur den Gesang sondern auch die ganze Atmosphäre in der Kirche: Gott ist unter uns.
Nach dem Vater Unser und den vorbereitenden Gebeten können die Gläubigen Ihn empfangen, während der Chor singt: „Nehmet den Leib Christi und kostet von der unsterblichen Quelle“. Es folgt die Danksagung und die Entlassung hinaus in die Nacht, in der jeder und jede sich bewähren soll und muss.

Bleibt noch die Frage: warum wird diese Liturgie am Freitag gefeiert? Der Grund liegt in der Vorbereitungspraxis auf den Empfang der Liturgie: so wie es bei uns früher Brauch war, nüchtern zu kommunizieren, so gibt es diesen Brauch immer noch bei unseren orthodoxen Brüdern und Schwestern. Mittwoch und Freitag sind bis heute strenge Fasttage, an denen man auf Speis und Trank verzichtet. Diese strengen Fasttage werden durch den Empfang der Kommunion in der Fastenzeit „gekrönt“.

Maria H. Duffner